Kaum ein österreichisches Medium, das in den vergangenen Wochen nicht über den Abriss einer ehemaligen Synagoge in Gänserndorf berichtete. Schlagzeilen, wie „Abriss: Parkplatz statt Synagoge“, haben dafür gesorgt, dass bei Leuten, die bisher keinen Bezug zu Gänserndorf hatten, der Eindruck entstand, als würde ein Gebäude, das dem Gottesdienst oder als Gebetshaus für jüdische Mitbürger dient, abgerissen. Es wurde ein Bild von „ungebildeten, stumpfsinnigen, geschichtslosen Provinzlern ohne Erinnerungskultur“ erzeugt. Faktum ist, dass kein einziger Journalist von sogenannten seriösen Tageszeitungen den Weg nach Gänserndorf gefunden hat, um sich vor Ort ein Bild zu machen oder sich über die Gegebenheiten genau zu informieren. Auslöser dieser unbeschreiblichen Medienkampagne waren eine „wildgewordene“ Historikerin, die unter anderem auch auf ihrer Facebook-Seite schier unglaubliche Wortspenden zu diesem Thema veröffentlichte, und die Gänserndorfer Grünen. Bei den Grünen ist dies besonders verwunderlich, da sie doch in Gänserndorf leben und über die tatsächlichen Fakten informiert sind. Der Entschluss das Gebäude abzureißen wurde bereits vor 20 Jahren unter dem damaligen Bürgermeister sehr konkret und schlussendlich 2014 unter meinem Bürgermeistervorgänger beschlossen. Der Beschluss wurde kürzlich erneuert und soll demgemäß umgesetzt werden. Das abbruchreife und seit Jahrzehnten im Besitz der Gemeinde befindliche Gebäude, das nun abgerissen werden soll, ist niemals ein Ort des Gedenkens gewesen. Es wurde in den letzten Jahrzehnten mehrfach umgebaut. Die gründerzeitliche Fassade wurde in den 1970er Jahren abgeschlagen, die alten halbrunden Fenster und originalen Türen wurden entfernt und Kunststofffenster eingebaut. Weiters wurden alle Innenwände und Türen versetzt. Fazit: Mit dem ursprünglichen Gebäude von 1889 hat das heutige Objekt nichts mehr gemein. Das wird auch das Bundesdenkmalamt erkennen müssen. Es drängt sich allerdings schon die zwingende Frage auf: Wo waren die israelitische Kultusgemeinde und das Bundesdenkmalamt, als all diese massiven Umbauten und baulichen Veränderungen vorgenommen wurden, wo dieses Gebäude doch ein so wichtiges, architektonisches Kulturgut sein soll? Es gab nämlich nie Einwände… Ich glaube beim besten Willen nicht, dass auch nur ein Mitbürger zum Nachdenken über unserer Geschichte angeregt wird, wenn dieses desolate Gebäude stehen bleibt. Ich wage zu bezweifeln, dass ein hässliches Abbruchhaus die Menschen mehr zum Erinnern animiert. In Gänserndorf wird dieses Gebäude in erster Linie als alte Musikschule wahrgenommen, aber sicher nicht als Synagoge. Meine tiefste Überzeugung ist aber, dass man als Gesellschaft auch für zukünftige Generationen Orte des Erinnerns und Mahnens erhalten oder eben errichten soll. Das war für uns auch von Beginn des Vorhabens an eine Grundvoraussetzung. Wir haben daher einen kleinen Park mit einer Gedenktafel für einen solchen Ort des Erinnerns geplant. Abgesehen davon, ist das Gebäude seit Jahrzehnten ohne irgendwelche Auflagen im Besitz der Stadtgemeinde Gänserndorf. Niemand hat sich in dieser Zeit jemals für das Gebäude interessiert, geschweige denn des Gebäudes angenommen. Nun, erregt es auf einmal Interesse – was war in den Jahren und Jahrzehnten davor?? Jetzt fordern so manche selbst ernannte Moralapostel aus der Ferne - weil wir ja heuer ein Gedenkjahr haben - dieses alte Haus zu erhalten sowie zu sanieren und geben gute Ratschläge, was man damit machen müsse. Wahrscheinlich sollten wir Gänserndorferinnen und Gänserndorfer noch dankbar dafür sein, denn wir sind ja in ihren Augen nur „geschichtslose, stumpfsinnige“ Provinzler. Was mich aber wirklich nachdenklich stimmt, ist, wenn man partout in allem ein antisemitisches, rechtsradikales, faschistisches, böses Gedankengut erkennen möchte. Vielleicht sollte man einmal die Frage stellen, ob es nicht gerade diese Denkweise ist, die unsere Gesellschaft zum Teil spaltet. Viele Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und der Region empfinden jedenfalls so. Das geplante Vorhaben hat nicht das Geringste mit Antisemitismus zu tun, sondern beruht auf dem dringenden Bedarf an Abstellflächen im Herzen unserer Bezirkshauptstadt zwecks Belebung und Attraktivierung des Zentrums. Wir „geschichtslosen Provinzler ohne Erinnerungskultur“ pflegen in Gänserndorf seit Jahrzehnten, für jedermann sichtbar, vor den Toren unserer Stadt den jüdischen Friedhof und dessen Vorplatz. Das ist für uns Erinnerungskultur und Respekt der jüdischen Gemeinde gegenüber.Bürgermeister René Lobner
Niemals vergessen – Gänserndorf vorsätzlich und wider besseren Wissens ins „rechte Eck“ gerückt
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